Dominik Hartz
Mit seiner EP „Was ich will“ macht Dominik Hartz genau dort weiter, wo er im letzten Sommer mit der „Am Ende des Tages“-EP aufgehört hat und bringt seine Gedanken über das, was wir alle Leben nennen, auf Beats. Nenn es Rap, nenn es Indie, nenn es gerne auch Pop oder wie du sonst willst – aber so charmant wie Dominik Hartz bekommt das derzeit niemand hin.
Aus gutem Grund. Denn das, was Dominik beschäftigt, musste immer schon irgendwie raus. Eigentlich kommt er aus einem Dorf in Schleswig-Holstein und wird dort genau so groß, wie man sich das eben vorstellt. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch und sorgt im Fall von Dominik für das Ausleben von Kreativität auf allen erdenklichen Ebenen: Er singt im Kinderchor und in der Kirche, aber spielt auch Klavier, Gitarre und Schlagzeug – erst nur für sich, dann auch in Bars für einen Appel, ein Ei und Live-Erfahrung. Er schreibt Gedichte für die Familie und Poetry Slams für das mal mehr und mal weniger vorhandene Publikum, spielt in der Theater-AG und leitet sie irgendwann sogar.
„Ich mochte schon immer die Challenge dahinter und die unterschiedlichen Erfahrungen des Entstehungsprozesses“, erinnert sich Dominik. Deshalb ist es auch kein Widerspruch, dass er 2018 nach Berlin zieht, tagsüber mitten im Schauspielstudium steckt und sich anschließend im Studio die Nächte um die Ohren haut und dort an Songs über sorglose Sommer und Drinks mit ganz viel Vodka und ganz wenig Sodawasser arbeitet, die schnell siebenstellige Streamingzahlen knacken.
Nach dem Release der „Am Ende des Tages“-EP folgt jetzt die „Was ich will“-EP. Was gleich auffällt. Die fünf Songs klingen eckiger und kantiger als die bisherigen Releases von Dominik. „Der Titel war Programm. Was man will ist ja nicht immer dasselbe und diese EP erlaubt sich verschiedene Moods in einen gemeinsamen Kontext zu setzen“. Gemeinsam mit den Produzenten Malte Kuhn, Lukas Riemenschneider und Daniel Karelly hat Dominik Hartz einen Sound entworfen, der genügend Platz für kleine Kniffe der kunstvollen Sorte und genau jene Detailverliebtheit in Text und Ton hat, welche die Musik des Newcomers so besonders macht. Und das geht schon mit „FNJ“ los. Der Opener der EP ist nicht mal eine Minute lang und bringt zu Lo-Fi-Nonchalance mit smooth gechoppten Keys trotzdem perfekt auf den Punkt, worüber sich Dominik gerade einen Kopf macht: Kann man überhaupt Pläne schmieden? Und was soll man eigentlich gegen diese tiefsitzenden Ängste tun, die einen Nacht für Nacht heimsuchen? Und ist man heute noch der, der man gestern war?
Die Antwort folgt prompt mit dem Titeltrack „Was ich will“. „Es wird schon alles werden irgendwie, irgendwann“, singt Dominik Hartz zu laid back Funk-Licks, während er jeden Tag zu einem sonnigen Samstag macht. Die Bucket-Liste schreibt sich jeden Tag neu und wenn der Zettel irgendwann voll ist, wird halt der nächste vollgekritzelt. Einfach machen, was man will. Bisschen singen, bisschen leben – was auch immer das heißt. Denn der Weg ist bekanntlich das Ziel.
Und auf dem schreibt Dominik Hartz mal eben noch einen wunderschönen Dreampop-Song über ein Schwester-Bruder-Band, das auch dann nicht zerreißt, wenn man sich mal nichts zu sagen hat. Mit „Love yourself, fucked up“ macht Dominik Hartz zu melancholischem Post-Punk Schluss mit den Illusionen von gestern. Denn keiner bleibt, wie er ist und die Selbstliebe-Mantren und der überall propagierte Individualismus sind auch nur so lange von Dauer, bis wir unser aller Zukunft mit Anlauf vor die Wand fahren. Alles Gute hat schließlich seinen Preis.
Und dann ist da noch „Lange Nächte“. Zu zweit von Bar zu Bar, hier noch ein Bier, da noch eine Zigarette – damit die Nacht zu diesem letzten gemeinsamen Tag noch nicht vorbeigeht, ehe der sanfte Slowjam von Dominiks wunderschöner Kopfstimme in das somnambule Outro transformiert wird, dessen gespenstisch verstolperter Sound nicht ohne Grund an den Beat des Intros erinnert und damit gekonnt die Klammer um dieses ganz besondere Release setzt.